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Besetzung:
Stück:
Ein derbes Volksfest im spätmittelalterlichen Paris. Am
Tag des Narrenfestes wird Quasimodo, der missgestaltete
Glöckner der Kathedrale Notre Dame, zum Narrenpapst
gewählt, während die attraktive Zigeunerin Esmeralda
mit ihren Tänzen das Publikum fasziniert und viele Ver-
ehrer gewinnt: Neben dem hässlichen, buckligen und
vom Läuten fast taub gewordenen Glöckner verliebt sich
auch dessen Ziehvater, der Domprobst Claude Frollo, in
die Schöne. Gruselnacht am Schloss
für Nachtschwärmer Auch in diesem Jahr wieder für Nachtschwärmer: Gruselige Lesungen zur Geisterstunde! Eintritt frei Pressestimmen: Giessener Allgemeine
Technischer Aufwand und die Vielfalt der Mittel erstaunen
Filmische Vorbilder des »Glöckners von Notre-Dame« sollte
vergessen, wer sich dieses Freilichtspiel anschaut. Autor Jörg Mihan
hält sich an die Romanvorlage von Victor Hugo und nimmt die vielen
Figuren mit ins Spiel, die das Interessengeflecht des 15.
Jahrhunderts einfangen, er beschränkt sich nicht auf eine
eindimensionale romantische Liebesgeschichte. Regisseur Peter
Radestock hat die Hofseite von Schloss Rauischholzhausen mit all
ihren Möglichkeiten genutzt, um ein lebhaftes Volksspiel in Szene zu
setzen, zu dem bunte Volksaufläufe und zahlreiche Tiere ebenso
gehören wie intensive, geradezu intime Zweierszenen, aber auch
Prügeleien und Degengefechte.
Der Originaltitel des Romans lautet »Notre-Dame de Paris« und
läutete mit seinem Erscheinen 1831 eine Wiederentdeckung der
Schönheit der Pariser Kathedrale ein, die seit der Revolution dem
Verfall preisgegeben war. Hugo gilt als romantischer Schriftsteller
der Franzosen, der vom »Sehertum des Dichters« überzeugt war und
die Ästhetik des Hässlichen neu entdeckte. Seine historischen Romane
enthalten Spannungsmomente der frühen Kriminalliteratur und
thematisieren soziale Ungerechtigkeiten.
Die Geschichte in Kürze: Quasimodo, der missgestaltete und beinahe
taube Glöckner von Notre-Dame, wird beim Volksfest zum König der
Narren gewählt. Die Zigeunerin Esmeralda (Regina Leitner) bezaubert
mit ihren Tänzen das Volk. Mehrere Männer verlieben sich in sie,
doch derjenige den sie liebt, nutzt sie nur aus. Sie besitzt als
einzige ein mitfühlendes Herz, als sie gleich zweimal Menschen vor
dem brutalen Mob rettet. Ausgerechnet ein Vertreter der Kirche der
sich als Begehrender und Masochist outet (überzeugend: Stefan Gille),
treibt sie in die Fänge der Inquisition. Dem verzweifelten Quasimodo
(Peter Meyer) bleibt nach vergeblichen Rettungsversuchen nur die
Abnahme ihres Leichnams vom Galgen. Er trägt sie in die Untergründe
der Kirche und legt sich mit ihr nieder. Aus dem Off erzählt am Ende
eine Stimme die durch Hugo überlieferte Geschichte, dass seltsam
ineinander verschlungene Gerippe von Mann und Frau gefunden wurden,
die zu Staub zerfielen, als man versuchte, sie voneinander zu lösen.
Für wirkungsvolle Auftritte genutzt werden sämtliche Türen, Fenster
und der Balkon des Schlosses, ebenso die Wege in den Park. Der
technische Aufwand und die vielfältigen Mittel sind erstaunlich: eine
vierköpfige Reiterstaffel mit Jagdhund trabt mehrfach aus den Tiefen
des Parks auf den Vorplatz, Kutsche und Gefängniskarren werden von
Pferden rund um den Brunnen gezogen. Esmeralda wird begleitet von
einer Ziege, die zum heimlichen Liebling des Publikums wird, da sie
sehr aufmerksam, ja beinahe wissend am Bühnengeschehen teilzunehmen
scheint. Außer dem trockenen Brunnen in der Platzmitte markieren zwei
seitliche Bühnenaufbauten unterschiedliche Orte des Geschehens
(Ausstattung Axel Pfefferkorn): rechterhand ein Gerüst, das zugleich
Studierzimmer des Priesters und Turm von Notre-Dame mit seinen
Glocken ist – Peter Meyer beweist gute Kondition, wenn er behände
die Stufen hinauf und hinunter klettert; linkerhand eine Bühne, die
für Theaterspiel, Gerichtsverhandlung und Hinrichtungsstätte mit
Requisiten jeweils variiert wird.
Die äußeren Bedingungen exakt abgepasst hat das Regieteam, wenn mit
Einbruch der Dämmerung ein Fackelzug aus dem der Tribüne
gegenüberliegenden Tor schreitet. Effektvoll und beeindruckend ist
die Stürmung von Notre-Dame durch das Gaunervolk, die vom offenen
Feuer gestoppt und mit der Erschießung aller beendet wird. Komische
Elemente bieten die Darsteller des Adels, schaurige die nach ihrem
gestohlenen Kind jammernde Alte. Noch zu erleben bis 12. Juli. Oberhessische Presse Starke Momente mit Flasche und Messer Die Schlossfestspiele Rauischholzhausen sind eröffnet: Das Hessische Landestheater Marburg spielt seit Samstag den „Glöckner von NotreDame“ nach Victor Hugo. Rauischholzhausen. Ein buntes Spektakel vor romantischer Schlosskulisse zu inszenieren, ist Bühnenhandwerk, das Peter Radestock und Axel Pfefferkorn Jahr für Jahr aus dem Stand genial beherrschen: Feuer, Pferde, Fechtszenen, bunte Statistenkostüme – Theater mit allen Elementen für alle Sinne. Jahr für Jahr den passenden Stoff zu finden für die Schlossfestspiele in Rauischholzhausen, ist ein wenig mehr als Handwerk – ein Händchen braucht’s dafür und eine Vision vor Augen, wie sich nach einem vor Sprachwitz strotzenden Shakespeare der Spielzeit 2008 nunmehr Victor Hugos hochdramatischer „Glöckner von Notre Dame“ überzeugend in Szene setzen lässt. Radestocks Rezept: konsequente Reduzierung des Stoffs auf das Lieben, Leiden und Sterben Esmeraldas, Quasimodos und Claude Frollos, eingebettet in ein dynamisch-buntes Szenario, in dem sich der Dialog eindeutig der visuellen Präsentation unterordnet. Und obwohl er versprochen hatte, dass es in seinem „Glöckner“ keine Gags geben würde, weiß Peter Radestock natürlich, dass der eine oder andere Lacher den Abend bereichert. von Carsten Beckmann Giessener Anzeiger
Freiluftspektakel als musikalisches Historienspiel RAUISCHHOLZHAUSEN (rob). Trocken, aber kühl war der Premierenabend unter freiem Himmel vor der Schlosskulisse. Doch Peter Radestocks Inszenierung des "Glöckners von Notre Dame" konnte die knapp 400 teilweise dick eingepackten Zuschauer mehr als entschädigen. Als Textfassung von Victor Hugos berühmtem, 1831 erschienenem Roman dient Radestock die Adaption des Dresdner Dramaturgen Jörg Mihan, der die Geschichte um Esmeralda, Domprobst Claude Frollo und Quasimodo inmitten der Wirren der Inquisition zur Zeit Ludwigs XI. (Thomas Streibig) in eine kompakte Bühnenversion gebracht hat. Inhaltlich fokussiert das Drama, wie schon andere Adaptionen im Gegensatz zum Roman, das Figuren-Trio. Radestock gelingt es ohne Probleme, den Stoff mit dem Ensemble des Hessischen Landestheaters aufwendig wie souverän in Szene zu setzen. Auf einem derben Volksfest im spätmittelalterlichen Paris anno 1482 wird am Tag des Narrenfestes Quasimodo (Akustisch wie optisch erschreckend überzeugend: Peter Meyer), der missgestaltete Glöckner der Kathedrale Notre Dame, zum Narrenpapst gewählt. Währenddessen gewinnt die attraktive Zigeunerin Esmeralda (In allen Gefühlsphasen voller Energie: Regina Leitner) mit ihren Tänzen Publikum und Verehrer für sich, darunter auch den Hauptmann Phöbus von Chateaupers, den Bastian Michael als humorvollen Charmeur gibt. Doch neben dem hässlichen, buckligen und vom Läuten fast taub gewordenen Glöckner, verliebt sich auch dessen Ziehvater Frollo in die Schöne. Von Esmeralda in seinem Werben jedoch abgewiesen, übergibt Frollo (Düsterer wie geläuterter Alchimist: Stefan Gille), der fieberhaft nach der Gold-Formel forscht, die junge Frau der Inquisition. Quasimodo gelingt es, ihr im Glockenturm der Kirche Asyl zu gewähren. Doch das Schicksal aller Beteiligten nimmt bekanntermaßen seinen unheilvollen Lauf. Axel Pfefferkorn hat den Schlossvorplatz dafür überaus detailreich hergerichtet: rechts thront ein transparenter Glockenturm, links sind mit Podesten und Überdachungen weitere Spielorte eingerichtet. Die Schlosskulisse ist perfekt integriert, vom Brunnen-Souterrain bis zum Torbogen. Effektreich vor allem, wenn die zahlreiche Statisterie des Marburger Landestheaters Gauner als Volk, Bürger oder Gauner durch nahezu alle Fenster gleichzeitig keift. Überhaupt sind die Massenszenen sauber gearbeitet, die Anschlüsse stimmen jedes Mal. Neben vielen Musik- und Gesangseinlagen beeindrucken auch die rasanten Reiteinlagen, der zehn Kavalleristen und ihrer Pferde. Alles in allem gelungenes Historienspiel, Musical und Freiluftspektakel, bei dem Jürgen Helmut Keuchel den Jaques Charmolue als gestandenen Anwalt des Königs gibt und Michael Köckritz als Richter des geistlichen Gerichts agiert. Jean Frollo, ewig klammer Student und Bruder von Claude Frollo gibt Sascha Oliver Bauer und den im Roman weit aus zentraler angelegten Dichter und Philosophen Pierre Gringoire Stefan Piskorz. Als König der Bettler Clopin Troillefou ist Fred Graeve zu manch makabrem Scherz aufgelegt. Aloise von Gondelaurier spielt Franziska Knetsch mit einem Hang zur Hysterie und Albernheit, Fleur-de-Lys verkörpert Franziska Endres. Die Einsiedlerin Gudule gibt Christine Reinhardt, die Kupplerin Falourdel Franziska Knetsch. Als Jakob Coppenole spielt Daniel Sempf. * Weitere Termine: täglich bis 12. Juli, jeweils ab 20.30 Uhr. Am Freitag, 26. Juni, sowie am 10. Juli findet im Anschluss an die Vorstellung eine "Gruselnacht am Schloss" statt. Der Eintritt dazu ist frei. Karten und Informationen unter 06421 - 256 08. |
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